The home of Welsh Rugby! Wales – New Zealand All Blacks 2010
New Zealand All Blacks, Rugby Add commentsWarum denn bitte Wales? Das ist eigentlich ganz einfach: Bei mir ist es so, dass zu Beginn des Jahres immer auf ganz bestimmte Sportereignisse ziele. Je nach Sportart sind das mal mehr oder weniger. – Komischerweise eigentlich immer mehr, kann ich mir aber nicht erklären. Dem aufmerksamen Beobachter dieses Blogs wird zudem aufgefallen sein, dass ich durchaus eine gewisse Leidenschaft für Rugby habe. Die New Zealand All Blacks kommen jedes Jahr zu einer sogenannten end of Year Tour für 4 Wochen nach Europa und spielen 4 Spiele gegen europäische Teams.
Da es für mich im Normalfall der einzige Weg ist das Team live zu sehen, stehen diese Spiele in meiner Prioliste immer ziemlich weit oben. November ist somit mein Rugbymonat. Da ich aktuell noch einen größeren Lottogewinn davon entfernt bin alle 4 Spiele sehen zu können, muss ich also zwangsläufig Schwerpunkte setzen. Bedauerlicherweise! Ich versuche eigentlich immer -sofern es stattfindet – gegen England in Twickenham dabei zu sein, ganz einfach weil Twickenham was besonderes ist. Danach hab ich dann also noch Kapazität für maximal ein weiteres Spiel. Der Versucht dann ein wie auch immer geartet attraktives Spiel zu bekommen, liegt ein Stück weit auf der Hand. Ich schaue mir also die Gegner an und überlege, welche Mannschaft entweder die grösste Gegenwehr liefern könnte oder in welcher Stadt ich noch nicht war. Das letzte Argument zieht leider nicht mehr so sonderlich gut, da ich inzwischen in den meisten großen Rugbystadien in Europa schon einmal war bzw. die All Blacks gegen jedes europäische Team gesehen habe. – bis auf Wales halt.
Nebenbei bemerkt: Wales ist ein wirklich schönes Land, ganz unabhängig von irgendwelchen Sportgeschichten.
Wales spielt alle Rugbymatches ihrer Nationalmannschaft im Millennium Stadium in Cardiff. So wie beim Fußball auch. Das liegt zum einen daran, dass die Waliser unglaublich stolz auf dieses Stadion sind und zum anderen wohl aber auch am Umstand, dass sie nur dieses eine Stadion haben. Millennium Stadium ist ein ganz tolles Stadion in Europa. Die Waliser empfinden da zurecht einen gewissen Stolz. Der rührt aber vor allem auch daher, dass sie es deutlich schneller und deutlich günstiger gebaut haben, als das Millionengrab Wembley in London. Kleine, dauerhafte Spitze gegen die Engländer.
Ich persönlich mag Cardiff sehr. Das ist zwar die grösste Stadt in Wales, aber nichtsdestotrotz nicht wirklich groß. So eine lustige Mischung aus mittelalterlicher Stadt mit einem großen Castle in der Mitte und hochmodernen Shoppingmalls. Dazu in der Innenstadt ziemlich kompakt. Es ist ausserdem die einzige Stadt die ich kenne, in der das gesamte Zentrum um das Stadion herum geplant wurde. Ein so großes Stadion so zentral in der Innenstadt gibt es sonst in Europa meines Wissens nicht. Was natürlich überaus praktisch ist, denn so geht man aus dem Pubs einmal über die Straße und steht am Gate. Ich übertreibe da wirklich nicht, sie haben es direkt neben ihre Fußgängerzone gebaut. Endlich mal eine Stadt, die konsequent ist und die wahren Prioritäten im Griff hat!!
Da Wales aber wie gesagt auch landschaftlich aus meiner Sicht neben Schottland der schönste Teil der UK ist, unglaubliche Nationalparks hat, bot es sich für Uschi und mich an das Wochenende einfach nach vorne zu verlängern und noch ein paar Tage durch Wales zu reisen.
Hierzu dann auch gleich mal mein kleiner bescheidener Traveltipp:
Tintern Abbey. Eine fast 900 Jahre alte Klosterruine mit einer riesigen Kathedrale. Die Abbey liegt in so einem kleinen malerischen Tal (der Weg dorthin ist eine der schönsten Straßen quer durch Wales) und wenn man da außerhalb der touristischen Hauptreisezeit ankommt (so wie wir), dann ist das eine total mystische Atmosphäre. Wer mal in der Nähe ist… Meine Empfehlung.
Leider kann man nach Cardiff nicht ohne den oben angesprochenen Lottogewinn fliegen. Das kostet aus allen Richtungen ein Vermögen. Also habe ich meinen englischen Lieblings-Ryanair-Trampelpfad Lübeck – Stansted benutzt, dort ein Auto gemietet und dann entspannt nach Wales geschaukelt. Das war soweit wirklich nett, wobei es Freitag in Wales dann in den Bergen so viel geschneit hat, dass die Sicht irgendwann nicht mehr vorhanden war. Gut, aber damit muss man Ende November wohl rechnen.
Wir haben somit unser Zeit im Breckon Beacon National Park abgebrochen und sind nach Cardiff gefahren. Erst mal ein bisschen sightseeing und dann zur Einstimmung auf das Spiel ein ausführliches Pubcrawling. Cardiff ist in dem Thema großer Spaß. Ich war zwar schon mal zum Rugby in Cardiff, 2007 wahrend des Rugby World Cups als Neuseeland in einem unglaublichen Match leider gegen Frankreich aus dem Turnier geflogen ist, aber eben noch nie wenn Wales gespielt hat. Das ist schon großartig, weil die Pubs halt voller einheimischer, rotgekleideter Dragons Fans sind. Wir haben dann gemeinsam England gegen Südafrika im Fernsehen geschaut. Die Frage für wen die Waliser bei so einem Spiel wohl halten, war dann relativ schnell klar: “i’m supporting Wales and any Team playing England!” 😉 Lustig, dass ist so wie bei uns und den Engländern im Fußball.
England wollte dann auch kein Spielverderber sein und hat hoch gegen die Springboks verloren. :)) Da war die Stimmung schon mal prächtig.
Dann also über die Strasse ins Stadion. Rugby ist wie schon vielfach beschrieben auf den Tribunen ein total friedlicher Sport. Man wird daher auch nicht über die Masse abgetastet der ähnliches, alles ganz easy. Da das Stadion so zentral in der Innenstadt liegt, ist dann auf den Straßen rundrum ein unheimlicher Betrieb. Eine ganz schöne Atmosphäre.
Die Plätze waren aus meinem leicht verwöhnten Blickwinkel leider nur so lala. Wir hatten mal wieder mit diesen unsäglichen überhängenden Tribunen im Unterrang zu tun. Ticketmaster UK ist leider ein ziemliches – ich bitte den direkten Ton zu entschuldigen – Dreckssystem! Man kann da nur die Kategorie, aber halt nicht den Block und schon mal gar nicht die Reihe auswählen, was letztendlich bei der Platzwahl auf ein relatives Glücksspiel rausläuft. Hab ich mich kurzzeitig ein bisschen drüber geärgert. Ich weiß zwar gerade nicht wie, aber da gibt es definitiv noch Optimierungsbedarf.
Tat letztendlich der Vorfreude aber insgesamt auch keinen Abbruch. Wales ist eine sehr heimstarke Rugbymannschaft. Ich würde sie aktuell als die zweit- oder drittbeste Mannschaft in Europa einschätzen. Zuhause sind sie vielleicht sogar die beste. Hinzu kommt noch einen überaus große Motivation, wenn sie gegen die All Blacks spielen. Sie hatten die Neuseeländer in den letzten Jahren immer mal wieder dicht an der Niederlage. Egal in welcher Form sich Mannschaften wie Irland, England oder Wales das Jahr über befinden, Zuhause gegen die All Blacks sind sie eigentlich immer stark. Sie wachsen halt mit der Herausforderung und offensichtlich hat man in der Aussenseiterrolle auch wenig zu verlieren.
Dazu kommen dann noch die Fans. Die Waliser sind vor allem für ihren Gesang berühmt. Sie singen während des Spiels teilweise ganze Lieder und wie es in einem britischen Stadion so üblich ist: Wenn dann bitte auch die ganze Strophe. Ich mag das. Das ist natürlich für das Team auch eine tolle Unterstützung. Auf jeden Fall entstand auf diese Weise im Millennium Stadium eine perfekte Rugbyatmosphäre.
Ich werde hier und da immer mal wieder gefragt, was denn eigentlich der Sinn dieser Freundschaftsspiele sei und wie ernsthaft sie spielen, wenn es um nichts geht. Nun, ganz einfach Antwort: es sind keine Freundschaftsspiele, es sind Testmatches! Und Test hierbei nicht im Sinne von ich teste neue Spieler, sondern ich werde im wahrsten Sinne des Wortes intensiv getestet. 😉 Im Rugby gibt es keine Freundschaftspiele. – und es geht gerade in den Spielen zwischen den Homenations und der ehemaligen Kolonien um nicht weniger als die Ehre, die im Rugby nach wie vor von großer Bedeutung ist. Der Sport hat sich hier trotz aller kommerzieller Veränderungen seine ursprünglichen Werte ein gutes Stück bewahrt. Rugby ist insgesamt lange nicht so verdorben wie Fußball, was ich persönlich sehr angenehm finde.
Anders formuliert: wenn es bei einem Freundschaftsspiel im Fußball körperlich so zur Sache gehen würde, wie an diesem Samstag in Cardiff, wäre hinterher die Heulerei aber mal groß. Wales kann in Tempo und Technik nicht mit den All Blacks mithalten, also versuchen sich es mit körperlicher Harte auszugleichen und zu kompensieren. Neuseeland ist eine Mannschaft die selbst körperlich gut zur Sache geht, aber die Waliser standen dem in Einsatz und Leidenschaft in nichts nach. Es war teilweise sogar ein bisschen sehr unsauber, sie haben sich halt nichts geschenkt.
Ich hatte vorher gehofft, dass die Dragons ein Match aus der Partie machen und nicht gleich 2-3 tries fangen würden. Meine Hoffnung wurde hier sogar eher übererfüllt: es hatte für meinen Geschmack dann doch nicht ganz so eng sein müssen. 😉
Die All Blacks gingen zwar durch einen guten Try von Hosea Gear in Führung, hatten danach aber bis ins letzte Spieldrittel Probleme mit den aufmüpfigen Walisern und mit der teilweise seltsamen Spielauffassung des Refs. Sie haben also dementsprechend viele Strafen kassiert, die Wales konsequent zu Punkten verwandelt hat. Erschwerend kam dann noch hinzu, dass Dan Carter leider eine offnight mit seinem Schussbein hatte und keinen Möbelwagen getroffen hat. Er hat zahlreiche Chancen vergeben und hat dadurch im Prinzip die Waliser im Spiel gehalten. – Ich vermute er war einfach nur nervös, weil Uschi ja auch im Stadion war. 😉 Sie findet den Herrn Carter halt schon echt gut….
Na ja, es war dadurch jedenfalls tatsächlich so knapp, dass ich in der zweiten Halfte ein regelrechtes Deja vu der unsäglichen Nacht 2007 hatte. Da war es ähnlich: Chancen nicht genutzt, ein Referee, der komische Sachen gepfiffen hat, Carter hat nichts getroffen und ein All Blacks Team, dass irgendwann unter dem Druck zusammengebrochen ist. – das wiederum war aber dieses mal nicht so. Sie sind cool geblieben, selbst als die Waliser auf einen Punkt dran waren und einer ihrer Spieler 10 Minuten vom Feld verwiesen wurde. Ein Mann weniger ist im Rugby ein riesiger Nachteil, vor allem in der Defense. Die All Blacks haben sich in dem Moment aber endlich wieder auf ihre Stärken besonnen und offensiv attackiert. Das führte zu einem wunderschön heraus gespielten try, der das Spiel dann glücklicherweise entschieden hat.
Das Ende einer langen Saison für die Spieler Neuseelands, die mit der Aussicht auf einen schönen Sommer auf der südlichen Hemisphäre dann wahrscheinlich zufrieden nach Hause geflogen sind. Das war ein wirklich schöner, wenn auch super schattiger Abend in Cardiff und ich freue mich auf den nächsten Besuch in Wales!
Wir sind zwar nicht geflogen, aber am nächsten Tag auch relativ zügig nach London gefahren.
December 13th, 2010 at 9:01 pm
[…] vs FC Liverpool 2:1 Fc Liverpool, Fußball, Tottenham Hotspurs Add comments Ich war ja, wie hier schon mal ausführlich beschrieben, auf einem kleinen Kurzurlaub in Wales. Fußball in der Liveversion im Stadion war hierbei […]
February 18th, 2011 at 11:58 pm
[…] Grandiose an Cardiff ist ja, wie schon nach meinem letzten Besuch im November erwähnt: Das Stadion ist direkt neben den Pubs mitten in der Innenstadt, bzw. sie haben die Stadt um das […]