Livesportfan Blog

Donnerstag war Uefa Pokal! Galatasaray Istanbul hatte sich zum Spiel in Hamburg angekündigt und sowas lass ich mir ja nicht entgehen! Wobei man den internationalen Wettbewerben inzwischen auch kritisch gegenüberstehen kann. Früher war die Welt ja einfach: Es gab den Landesmeistercup, den Uefa Pokal und den Europapokal der Pokalsieger. Im Landesmeistercup spielten die Landesmeister, im Pokalsiegercup die Pokalsieger und im Uefa Pokal the best of the rest! – Mit der Betonung auf ‘best’. Heutzutage spielen in der Champions League die Landesmeister und the best, big parts of the rest, den Pokalsiegercup gibt es nicht mehr und im Uefa-Cup spielt wirklich nur noch ‘the rest and less’.

Durch die immer weitere Aufstockung und Aufblähung der Champions League verliert der Uefa Pokal dadurch leider immer mehr an Wert. Gleichzeitig erweitert die lustige UEFA aber auch den Uefa Pokal um immer mehr Zwischenrunden und Gruppenphasen bis man als Fan entweder die Übersicht verliert oder (meistens passiert es gleichzeitig…) die Lust auf Stadionbesuche kleiner wird. Eigentlich sollten diese internationalen Spieltage Festtage des Fußballs sein, aber inzwischen muss man eigentlich bis Mitte März warten, bis die Bedeutung des einzelnen Spiels endlich wieder den Stellenwert einer früheren Erstrundenpartie hat. Eine gefährliche Entwicklung, die mich stört.

Nachdem ich in dieser Saison dadurch also nur vereinzelt in der zweiten Gruppenphase gegen Ajax Amsterdam und gegen Aston Villa im Stadion war, hab ich mich auf das Spiel am Donnerstag gefreut. Die türkischen Mannschaften bekommen bei Auswärtsspielen in Deutschland immer Riesensupport von hier lebenden Landsleuten, d.h. die Stimmung im Stadion ist normalerweise intensiv und gut. Zudem ertappte ich mich bei einem Blick auf die verbliebenen Mannschaften im Wettbewerb bei dem Gedanken: “Fast nur noch unattraktive Mistteams im Pokal, was ist eigentlich aus dem einst großen Europapokal geworden??” Ich kam also zu dem Entschluss, dass ein Heimspiel gegen Galatasaray Istanbul eine perfekte Gelegenheit ist, noch mal ein bisschen die Luft eines internationalen Wettbewerbs mit einem attraktiven Gegner zu schnuppern!

Kurz nach der Zusage an Freunde, die noch 2 Tickets aus Dauerkartenanspruch über hatten, der erste Schock: Anstoss 18:00 Uhr! An einem Donnerstag so früh anzupfeiffen ist ja im Prinzip das absolute Todesurteil für ein Spiel, denn es kommen einfach weniger Zuschauer. Ich war dementsprechend angenervt, denn das ist für mich jobmäßig eigentlich deutlich zu früh und es stand schon ‘hektisch’ drauf, was ich nicht mag. Ich komme nämlich gerne entspannt zum Stadion, treffe mich noch mit ein paar Freunden oder Bekannten, trinke noch ein Bier und geh dann entspannt zu Lotto King Karl in die Arena. Fischbrötchen und es kann losgehen. Bei einer so frühen Anstosszeit kann ich dann immer froh sein zum Anpfiff auf meinem Platz zu sein und alle anderen oben genannten Punkte fallen auch direkt weg. Echt nervig…:( Wenn die so weitermachen mit ihren Spielansetzungen muss man sich irgendwann demnächst für ein Achtelfinale im Uefa Pokal noch einen Tag Urlaub nehmen! Für ein Heimspiel! Das würde dann dem Verliererwettbewerb (und inzwischen ist der Uefa Pokal wirklich nichts anderes mehr…) wirklich noch die Krone aufsetzen!

Nun ja… am Donnerstag war es dann auch nicht groß anders als erwartet. Ich konnte zwar zusammen mit Bernd zeitig aus der Firma verschwinden, aber man stellt sich dann auf dem Weg zur Arena schön in den beginnenden Feierabendverkehrsstau und es wurde doch wieder zeitlich eng. Lotto also verpasst, Treffen ausgefallen und geregnet hat es auch noch.

Im Stadion wurden wir dann aber glücklicherweise doch ein bisschen entschädigt. Galatasaray Istanbul hatte die erwartete große Zahl an Fans dabei und türkische Fans sind ja wirklich positiv fanatisch. Zum Teil auch echt gnadenlos, wenn es darum geht in ein Stadium zu kommen. Man konnte z.B. sehen, dass sie einen Großteil der Haupttribüne den Hamburgern wahrscheinlich einfach mit Wahnsinnspreisen abgekauft haben! Da war es doch recht gelb und rot. Dazu kam dann noch ein wirklich großer türkischer Fanblock und das kombiniert mit dem naturgemäß sehr starken Support der HSV Anhänger… Flutlichtspiel, Top-Atmosphäre von Beginn an! Europapokal, Europapokal, Europapokal, Eurooopaaaapokal!

Los gings. Der HSV war von Beginn an bemüht nach vorne zu spielen, dabei aber irgendwie nicht sehr zielstrebig und auch zu ungenau. Die Türken wiederum haben das Spiel so behandelt, wie man das aus ihrer Sicht bei einer heimstarken Mannschaft auswärts machen sollte: Defensiv stehen, abwarten, schnell kontern, auf die Chance warten! Tja und die kam dann auch leider irgendwann. Nach einer Ecke für den HSV fährt Galatasaray einen sehr schnellen, sehr guten Konter. Sie wurden da etwas von ca. 8 Hamburgern begünstigt, die genau in diesem Moment einen kleinen Warnstreik für mehr Gehalt abhielten und sich einfach im lockeren Trab den Konter der Türken mal von hinten anschauen wollten! 0:1 Mit einem Heimspiel zu beginnen ist im Uefa Pokal ja immer ein kleiner Nachteil, vor allem wenn man gegen eine Mannschaft antreten muss, die im Rückspiel ein brennendes Stadium mit fanatischen Fans aufbieten wird. Eigentlich kann man im Hinspiel alles machen, nur ein Tor sollte man halt nicht unbedingt bekommen… Schöner Mist also!

Die türkischen Fans haben dann genau das gemacht, was man erwarten konnte: Sie haben den eigenen Block angezündet und vor Freude erstmal ordentlich mit Bengalos hantiert! In dem Moment hab ich mich gleich mal gedanklich sehr ernsthaft mit einem Besuch des türkischen Derbys Fenerbace Istanbul – Galatasaray Istanbul beschäftigt. Ich glaube darauf hab ich richtig Lust und es dürfte eine kleine Herausforderung sein dafür Tickets zu bekommen. Mal schauen…;)

Zurück zum Spiel. Mehr oder weniger direkt im Gegenzug hat dann Petric überraschenderweise die Riesenchance zum Ausgleich. Er steht ganz alleine vorm Keeper und schafft es nicht das Tor zu machen. Also da bin ich fast von der Tribüne gesprungen, so hab ich mich darüber aufgeregt. In so einem wichtigen Spiel, mit Rückstand, gegen einen gefährlichen Gegner, da muss so ein Ding drin sein! Ärgerlich!

In der Halbzeitpause wird man dann im Europapokal mit einer weiteren Errungenschaft internationaler Wettbewerbe der Neuzeit konfrontiert: Alkoholverbot im Stadion, nur alkoholfreies Bier. Großes Tennis, vor allem weil es beim HSV dann automatisch bedeutet: Holsten alkoholfrei! :((( Ehrlich… ich glaube es gibt kein widerlicheres alkoholfreies Bier, jedenfalls ist mir noch keines begegnet!

Weiter ging es. Nach der Pause wurde der HSV dann endlich wach und übte auch mal Druck auf Galatasaray Istanbul aus. Sie wurden dann durch eine doch fragwürdige rote Karte begünstigt, denn danach stellten die Türken auch noch die letzten Offensivbemühungen ein. Logisch, sie hatten ja auch schon alles was sie wollten: Das so wertvolle Auswärtstor.

Der HSV hatte starke 15 Minuten, wurde von den Fans angetrieben und bekam dann auch endlich klare Torchancen. Eine davon führte letztendlich zum verdienten Ausgleich durch Marcel Jansen. Unverständlicherweise hörte das Team nach dem Ausgleich mit dem druckvollen Offensivspiel wieder auf, sehr zum Unverständnis der Fans. Die Mannschaft wirkte irgendwie müde, kein gutes Zeichen zum jetzigen Zeitpunkt der Saison. In den letzten Minuten rafften sie sich dann zwar noch mal auf und hatten auch noch einige wirklich gute Chancen zum Siegtreffer, aber es kam nichts mehr dabei rum. Leider. Nach Abpfiff waren wir uns dann irgendwie auch nicht sicher, ob man sich über den Ausgleich freuen oder über die verpasste Siegchance ärgern sollte. Insgesamt ist es jedenfalls ein bisschen zu wenig gewesen, um sich eine gute Ausgangslage für ein schweres Rückspiel in Istanbul zu verschaffen. Den türkischen Fans ging es aber offensichtlich auch nicht anders, denn sie haben auf die typischen hupenden Autokorsos weitesgehend verzichtet.

Das war bei der Euro 2008 so lustig: Viertelfinale gegen Kroatien, ich auf dem Fanfest in Wien und das ganze Fanfest voller Kroaten und Türken. Durchaus nicht nur entspannte Atmosphäre. Tja und eigentlich hatten die Kroaten das Spiel ja schon gewonnen, bevor die Türken in der Nachspielzeit noch den Ausgleich schossen und später im Elfmeterschiessen sogar den Sieg erreichten. Die Kroaten waren da in einem echten Schockzustand und alle neutralen Fans hatten echt Angst vor großen Randalen und Schlägereien der beiden Fangruppen. Dazu kam es aber nicht, denn die türkischen Fans sind direkt nach Spielschluss im Laufschritt (ich übertreibe nicht!) vom Fanfest zu ihren Autos gerannt, um im größten Autokorso dieser Welt möglichst weit vorne zu stehen! Warum sich schlagen, wenn man auch hupenderweise durch die Stadt fahren kann!? Ich mag das! 😉

Kleine Anekdote am Rande. 😉

Was den HSV angeht bin ich etwas in Sorge und ich hoffe es war nicht das Ende im Wettbewerb. Ich hätte jedenfalls nichts gegen ein paar weitere internationale Runden…. Dieses Jahr ist das Finale im Uefa Pokal ja in Istanbul und die aktuelle Bewerbungsphase für Tickets läuft gerade. Wenn eine deutsche Mannschaft im Finale stehen würde, wäre das ein durchaus willkommener Anlass mal nach Istanbul zu reisen… 😉

Ok, ich hoffe also auf ein gutes Rückspiel und noch ein bisschen mehr Europapokal, Europapokal, Europapokal, Euroooppaaaaapokal!