Am Wochenende war ich dann mal wieder in Berlin. Das ist zwar nicht Hamburg, aber ich mag die Stadt trotzdem für ihre alternative, kreative Art und die Vielschichtigkeit. Gut, das alleine wäre jetzt noch nicht Grund genug ein Wochenende im August dort zu verbringen. Es ergab sich aber, dass rein zufällig dieses Jahr die Leichtathletik WM 2009 in Berlin ausgetragen wurde!
Freund Tim hat mich beim Pokalfinale wirklich ausgiebig bequatscht, doch auch zu dem Event nach Berlin zu kommen. Nun muss ich mal sagen: Mit Leichtathletik hab ich eigentlich wenig bis gar nichts am Hut. Das hängt einerseits ein bisschen mit den ganzen Dopingdebatten zusammen, andererseits bin ich halt auch eher Ballsport und Mannschaftssport orientiert und Leichtathletik ist doch ein ziemliches Gegenteil davon. Ich war also bisher in meinem Leben noch nie bei der Leichtathletik und hab es auch überhaupt nicht vermisst! Bisher war meine These immer: Außer zum Beachvolleyball der Frauen braucht man gar nicht zur Leichtathletik zu gehen… 😉
Natürlich ist es aber auch so, dass ich ziemlich sportbegeistert bin und eigentlich allen Sportarten grundneugierig gegenüberstehe. Tim hat mich dann mit dem Argument: ‘Ist ne WM in Deutschland, warum sollten wir da nicht hingehen? Wir gehen schliesslich zu jeder WM in Deutschland’ überzeugt bzw. wenigstens hinreichend neugierig gemacht. Tickets hatte er auch einige über, die Bahn fährt in Rekordzeit Hamburg-Berlin und so war das von der Planung recht unproblematisch. Hier zahlt sich dann diese ‘erst mal Tickets für alles kaufen, dann überlegen was man damit macht’ Mentalität, die wir alle haben aus.
Also bin ich mit meiner Freundin am Samstag zu so einer Sport-Sightseeing-Mischung nach Berlin gefahren. Rechtzeitig zum Start der WM hat unsere chronisch verschuldete Hauptstadt (Herr Wowereit würde jetzt sagen: “arm aber sexy, baby…”) es dann ja doch noch geschafft ihr marodes S-Bahnnetz wenigstens weit genug zu renovieren, dass man sich auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewegen konnte. Wer schon mal in Berlin war, weiß wie überaus ätzend das ist, wenn die Haupt-S-Bahnlinien nicht fahren.
Da ich unbedingt daran interessiert war das Wochenende möglichst günstig zu gestalten und ich diese Touren auch immer nutze, um neue Stadtteile kennen zu lernen, waren wir in einem neueren, charmanten Hostel mitten in Kreuzberg. Hostel Rooms 36. Ich fand es sehr nett, es war günstig und rund um das Hostel gibt es zahlreiche Kneipen und Bars wo man auch echt Spaß haben kann. Wir haben um die Ecke am Sonntag so legendär günstig und gut gefrühstückt wie vielleicht selten zuvor. Also wer mal was nettes sucht, ich kann es empfehlen. Das nur am Rande.
Ich war dann echt gespannt wie sich diese Sportart live so anfühlt. Vorher waren wir noch mit Freunden aus dem Tooorforum und den Eltern meiner Freundin am Olympiastadion bei Heinz im preussischen Landgasthof zum Fußball schauen verabredet. – Das hätte ich mal besser ausfallen lassen, denn meine lausige Mannschaft legt ja gerade wieder einen Saisonstart hin, der einem die Tränen kommen lässt und hat dementsprechend gestern auch munter in Mainz 2:1 verloren. Den Kübel Häme aus allen Richtungen kann ich ja noch ab, das bin ich bei Bayernniederlagen gewohnt, aber inzwischen kommt noch Mitleid dazu und das geht schon mal gar nicht! Ich hab nach sowas dann auch echt schlechte Laune, was nicht gerade ein optimaler Auftakt für so ein Spaßevent ist.
Wieder Erwarten hat es aber die Leichtathletik WM geschafft mich ziemlich schnell aus dieser Fruststimmung zu holen und mich zu begeistern. Das hätte ich echt nicht gedacht, aber es macht wirklich einen Riesenspaß da live dabei zu sein! Faszinierend! Live ist ja überall anders als im TV, aber das der Unterschied so groß ist hat mich überrascht. Auf der einen Seite ist man natürlich Teil der Stimmung im Stadion, auf der anderen Seite ist es aber auch der Sport, der sich ganz anders anfühlt, wenn man so dicht dabei ist.
Wir hatten uns bewusst den vorletzten Tag der WM gewählt und das heisst vor allem viele Staffelentscheidungen oder Vorläufe. Was ich nicht geschnallt hatte war, dass Halbfinale einer Staffel natürlich mehrere Staffeln bedeutet! Es läuft also im Prinzip ständig eine Staffel und das macht einen Heidenspaß, weil das ganze Stadion daran teilnimmt. Total beeindruckend ist das Tempo. Ob man sich jetzt 5000 m der Frauen anschaut oder Sprintstaffeln, das ist wirklich wahnsinnig viel schneller als es im Fernsehen wirkt. Die letzte Runde beim 5000 m rennen der Frauen… da reibst du dir die Augen, wenn die nach 12 schnellen Runden 300 m vor dem Ziel das Sprinten beginnen! Wahnsinn. Glücklicherweise durften wir auch Herrn Bolt direkt vor unserer Nase bei seinem Staffelauftritt bestaunen und auch das war viel, viel schneller, als ich es erwartet hätte. Das ist natürlich im Fernsehen auch nicht langsam, aber der Unterschied zur Stadionerfahrung ist doch viel größer, als man so denkt.
Es gab dann neben den ganzen Staffeln noch Finals im Stabhochsprung, im Weitsprung, 5000 m der Frauen und zahlreiche Siegerehrungen. Oh und ganz vergessen: Es gab auch noch ein Ballsportevent, nämlich ein Spiel mit einem Metallball, der an einer Eisenschnur hängt. Der Leichtathlet nennt das ganze Hammerwerfen, in diesem Fall Hammerwerfen der Frauen und wir hatten dafür absolut perfekte Plätze, direkt hinter dem Wurfring. – Da sind aber auch Teilnehmerinnen dabei, wo einem so spontan die Frage “Frauen??” durch den Kopf schiesst…
Ganz spannend jedenfalls und da es dort auch noch eine deutsche Favoritin gab auch noch mal besonders speziell: Betty Heidler hat einen tollen Wettkampf mit durchweg richtig weiten Würfen hingelegt, wurde aber durch einen unglaublichen Weltrekord der polnischen Starterin um Gold gebracht. Ganz liebevolle Anekdote dazu: Tim und ich haben irgendwann nach diesem unglaublichen Weltrekord der Polin bemerkt, dass die Betty diese Weite wohl nicht schaffen wird. Meine Freundin schaut uns so an und fragt: “Hat Betty denn schon mal 78 Meter geworfen?” 😉 Wir haben sie etwas irritiert angeschaut und mussten dann alle lachen. Mir lag noch auf der Zunge: “Ja, aber das war in der Halle”, was ich mir dann aber doch besser verkniffen habe. 😉 Das Stadion hat Betty danach jedenfalls richtig gebührend gefeiert, starke Leistung!
Überhaupt: Es macht schon einen riesigen Unterschied aus, ob deutsche Teilnehmer in einer Disziplin vertreten sind oder nicht. Das Stadion geht dann richtig mit und feuert die natürlich an. Da kann man dann auch mal wieder sehen, was Heimvorteil so ausmacht, denn einige wachsen da echt über sich hinaus. Bestes Beispiel war am Samstag die deutsche 4×100 m Staffel der Frauen! Eigentlich gibt es auf der Distanz klare Favoriten und unter normalen Umständen kann eine deutsche Staffel keine Medaille gewinnen. Als die Amis aber im Vorlauf unglücklich ausgeschieden sind, war der Weg für eine Überraschung zumindestens offen. Und die Rennuschis haben sich dann auch richtig ins Zeug gelegt und auf den letzten 200 Metern noch den 3. Platz erkämpft. Da stand das ganze Stadion kopf und es war eine wirklich grandiose Atmosphäre! Großer Spaß!
Zudem fühle ich mich in meiner Meinung bestätigt: Die alte Schüssel Olympiastadion ist auch für nichts besser geeignet als für Leichtathletik! Das passte schon gut zusammen.
Am Ende waren wir jedenfalls alle begeistert und positiv überrascht! Wir haben direkt angefangen Pläne für Olympia 2012 in London zu schmieden. Zuerst war der Ansatz zu überlegen, welche Sportarten wir alles sehen wollen und als das zu kompliziert oder wahlweise zu umfangreich wurde, haben wir die Strategie verändert und alle Sportarten ausgewählt, die wir nicht sehen wollen. Das ging deutlich schneller. :))
Unisono waren wir uns bei einer Sportart einig, die wir auf keinen Fall bei Olympia sehen wollen: Fußball!
Also insgesamt ein sehr geniales Wochenende, großer Spaß und ich kann den Besuch von anderen, kleineren oder auf den ersten Blick uninteressanteren Sportarten nur empfehlen!
August 24th, 2009 at 10:01 pm
Rennuschis – Supa
August 23rd, 2012 at 10:56 pm
[…] Sportarten mit Interesse zu verfolgen, zum anderen war ich schon einmal bei der Leichtathletik: Bei der WM 2009 in Berlin – im übrigen auch mit Usain […]