Zur Dart WM??? Mit dieser Ankündigung habe ich es tatsächlich geschafft, selbst bei guten Freunden und Leuten die mich lange kennen bzw. zahlreiche hohle Aktionen schon miterlebt haben, noch ein nachhaltiges Kopfschütteln rauszukitzeln! Ich stelle fest: Das scheint eine Sportveranstaltung ausserhalb der Norm zu sein. Ich kann die Reaktion sogar verstehen, denn wahrscheinlich wäre sie bei mir vor 1-2 Jahren noch ähnlich gewesen.
Jetzt mal konkret: Warum denn also bitte Darts? Nun, eigentlich ist es ganz einfach: Ich halte Darts für einen wirklich spannenden und definitiv anstrengenderen Sport, als man vielleicht so unterstellt. Dazu muss man wissen, dass in Darts in England ein absoluter Profisport ist. Die Topleute verdienen richtig gutes Geld und inzwischen hat der Sport eine enorme Fernsehpräsenz. Mit dem Fernsehen kommen die Einnahmemöglichkeiten und natürlich steigt damit auch das Interesse. Ich habe die letzten beiden Jahre in der leidigen Fußballwinterpause immer die Darts WM am Fernsehen geschaut und bin auf diese Weise mit dem Sport doch ziemlich warm geworden. Irgendwann ist man dann so eng dabei, da stellt sich einfach fast zwangsläufig die Frage wann ich mir das mal live anschaue?
Da ich ja ein Fan davon bin, sich Sportarten auf der Highlightskala von oben nach unten zu nähern (so nach dem Motto: Wenn ein WM-Finale nichts ist, dann brauche ich auch nicht zum Nebenevent nach Dinslaken fahren…), war das erklärte Ziel hierbei schnell ausgemacht: PDC Darts World Championship im Alexandra Palace in London! Und da dann natürlich Halbfinale und Finale. Glücklicherweise ist Freund Volker für solche etwas neben der Spur laufende Geschichten auch immer gut zu begeistern und so haben wir uns das nach dem Finale im letzten Januar einfach mal in den Eventkalender geschrieben. Grundsätzlich ist es nicht so problematisch Tickets für die Weltmeisterschaft zu bekommen, aber wenn man das Finale sehen und dazu am besten noch weit vorne sitzen möchte, muss man es ein bisschen planen. Und es hat einen gewissen Vorlauf. Ich habe also die PDC Seite und deren Ankündigung beobachtet und im Juli Tickets für die Weltmeisterschaft Anfang Januar gekauft. Halbfinale und Finale, es konnte also losgehen!
Das Turnier begann Mitte Dezember und wir haben es also schon sehr intensiv im Fernsehen geschaut. Das Halbfinale war Sonntag, das Finale am Montag. Meine Vorfreude wurde mit Lauf des Turniers immer größer und Phil Taylor spielte mit jeder Runde auch auf einem besseren Niveau. Das war nicht unwichtig, denn ich wollte unbedingt Phil Taylor im Alexandra Palace live sehen! Der Typ ist der beste Dartsspieler aller Zeiten, 15x Weltmeister und der absolute Fanfavorit. Heisst: wenn er spielt, brennt da die Bude. Es war natürlich ein Risiko erst ab Halbfinale hinzufahren, aber da er bisher noch nie im Viertelfinale rausgeflogen ist, hielt ich das Risiko für überschaubar. Tja und dann hat mir der große allmächtige Sportgott am Samstag (Neujahr) im Viertelfinale mal wieder eine dieser hässlichen und bitteren Lektionen erteilt: Sport ist leider nicht planbar, nicht berechenbar and anything can happen on any given day! Taylor ist tatsächlich im Viertelfinale aus dem Turnier geflogen. Eine Riesensensation und ich war komplett bedient. Man stelle sich das mal vor: Ich sitze so auf dem Sofa, schaue die Spiele, er fliegt raus und um 6:00 Uhr am Folgetag soll ich mich motiviert auf dem Weg nach England machen. Schwer, hat mich schon etwas beschäftigt.
Aber da der ganze Trip bezahlt war, Volker und Daggi schon in London waren und ich irgendwie ja auch so neugierig auf die Veranstaltung war, stand auch nie ernsthaft zur Debatte nicht zu fahren. Schlecht drauf war ich am Sonntag aber dennoch. Glücklicherweise waren wir dann ja aber in London erst noch bei Chelsea und danach hatte ich dann schon richtig Lust aufs Dartsturnier.
Wir sind also vom Kings Cross mit der Bahn in den Norden von London gefahren. Das Alexandra Palace ist ein alter, ehrwürdiger Veranstaltungsort in London. Das Ally Pally, wie es genannt wird, liegt auf einem Hügel, man hat eine tolle Sicht über London und ist deutlich größer, als ich es erwartet hätte.
Ich war wirklich gespannt, wie das im Inneren sich wohl so anfühlen würde. Man muss dazu wissen, dass die Darts Word Championship so eine Mischung aus Sportverantaltung, Party und Karneval ist. Bedeutet: Die Leute sind nahezu alle verkleidet, teilweise sehr umfangreich und in absoluter Partylaune. Selbstverständlich haben wir uns da nicht lumpen lassen und voll mitgezogen, auch was die Verkleidung angeht. Mangels richtig guter Ideen sind wir irgendwann im November auf den Trichter gekommen, wir könnten uns ja als Hamburger Fischermen verkleiden, so schön mit typischen Hemd, Halstuch und zur Abrundung des ganzen mit gelben Südwester Kopfbedeckungen! Gesagt getan.
Die Idee mit den gelben Südwestern war übrigens im Nachhinein grandios, da es wirklich auffällig war und man uns so im Fernsehen eigentlich ständig wenigstens kurz sehen konnte. Ein großer Spaß! Wir mussten uns da vor den Schlümpfen, den Elviskostümen, den Cowboys, den Superhelden und Ketchup und Senf jedenfalls nicht verstecken! Fußballtrikots als Verkleidung sind übrigens strikt verboten, sind ja aber auch einfallslos.
Wir also in die Halle, Verkleidung angelegt und Vollgas gegeben. Man bekommt so lustige Coupons gegen Geld mit denen man dann Bier oder sonstige Getränke kaufen kann. Das hat den Vorteil, dass die Wartezeiten an der Bar doch sehr kurz werden. Volker hatte kurzfristig die Sorge, wir müssten vielleicht Coupons unbenutzt nach Hause nehmen… Daggi und ich haben uns nur angeschaut und mussten darüber doch sehr lachen.
Man kauft sich also so einen großen Pitcher Bier und ab gehts in die Halle! Im Ally Pally gibt es mehrere Tischsektionen und im hinteren Bereich der Halle auch Tribünen. Tische haben ganz klare Vorteile, denn zum einen kann man auf sie drauf klettern, um Chase the Sun, den Song des Dartssport, mitzusingen und zum anderen kann man da seinen Bierpitcher besser abstellen. Wir hatten aus meiner Sicht ziemlich gute Plätze, schön mittig im ersten Tischblock, also verhältnismäßig weit vorne. Ich muss sagen, die Halle wirkt zwar im Fernsehen größer, aber es gehen dennoch knapp 2000 Leute rein. Das ist schon eine sehr geile Atmosphäre gewesen!
Tja und dann gehts irgendwann los, erstes Halbfinale. Die PDC macht das ziemlich geschickt, ein sehr gutes Event. Die beiden Spieler kommen mit einer Einlaufmusik einzeln in die Halle, die Zuschauer werden angeheizt und dann geht das Spiel los.
Wir konnten besser sehen, als ich es erwartet hätte, denn rechts und links der Spielscheibe hängen riesige Monitore auf denen man dem Spiel gut folgen kann. OOOOOOONEHUNNNNDDDREEEETTTTT AND EIIIIIGGGGGHHHHHTYYYYYYY!!
Zwischendurch gibt es nach Sätzen immer mal kurze Pausen (fragt mich nicht wann und nach welchem Muster). In der Pause läuft dann immer Chase the Sun. Die Leute singen mit, klettern auf die Stühle und Tische und machen extrem Partyalarm. Ich hab da mal ein kurzes Video:
Ich muss sagen: Meine Stimmung war durch die Niederlage von Taylor wirklich nicht gut, aber wenn man dann erst mal in dieser Halle ist, dann reisst einen das einfach mit. Egal wer das letztendlich spielt, die Stimmung in der Endrunde ist klasse. Wir hatten mit beiden Halbfinals Glück, denn das Niveau war sehr hoch. Terry Jenkins gegen Gary Anderson war schon gut, wobei Anderson dem guten Terry keine Chance gelassen hat und Mark Webster gegen Adrian Lewis war noch etwas besser. Man kann sich nicht vorstellen, auf welchem Niveau sich diese Topleute bewegen und mit welcher Sicherheit die auf die hohen Triplefelder schiessen. Halbfinale bei der WM, da ist 140 mit 3 Pfeilen ein normales Wurfergebnis. Teilweise ist das schon echt unglaublich.
So im Laufe des Abends kommen dann immer mal wieder Leute vom Fernsehen rum, auf der Suche nach besonders bescheuerten Fans, besonders knalligen Kostümen oder einfach nur Leuten, die eine richtig gute Zeit haben. Diese Bilder werden im Fernsehen dann immer kurz dazwischen eingeblendet. Nachdem wir einen dieser Kameraleute ausführlich und intensiv bequatscht haben, hat er sich unserer erbarmt und uns für 3 Sekunden ins Fernsehen gebracht. 😉 Seht selbst:
Der Abend nahm dann also am Board und an der Pitchfront so seinen Lauf und war wirklich ganz rund. Was ich noch ganz auffällig fand: Es waren wirklich sehr viele Deutsche in der Halle. Das hätte ich so nicht erwartet und das hat mich schon etwas überrascht. An der Verkleidungsfront hatten die meisten aber noch ne Menge Luft nach oben, da waren wir doch besser aufgestellt.
Am Ende haben wir dann leider noch eine unschöne Geschichte erlebt. Man hat unsere Jacken geklaut, als wir gerade so tolle Bilder an der Bühne gemacht haben. Das war ziemlich ärgerlich, vor allem weil man ohne Jacke Anfang Januar in London auch einfach draussen friert! Gut, wir haben alles unternommen, um sie zurückzubekommen, aber sie blieben unauffindbar. Glücklicherweise waren keine Wertsachen in der Jacke. Der Rückweg war dadurch allerdings etwas abenteuerlich. Das Ally Pally ist eben nicht gerade zentral gelegen und irgendwie verirren sich da auch keine Taxis mehr raus. Wir haben also den Bus zur tube genommen. Jetzt glaubt aber bitte mal nicht, dass in London die tube bis tief in die Nacht fährt… Schon mal gar nicht Sonntags. Wir haben uns dementsprechend auf die Suche nach dem Nachtbus gemacht, was ohne Jacke auch durchaus 15 Minuten hätte schneller gehen können für meinen Geschmack.
Dann war es aber doch noch mal lustig: Wir klettern irgendwann endlich in den Nachtbus, gehen aufs Oberdeck und wer sitzt da? Die 10 besoffenen Schlümpfe aus dem Ally Pally! :)) Fishermen meet Smurfs sozusagen! Die Verständigung war da nicht mehr ganz so einfach, aber es war dennoch eine echt kurzweilige Busfahrt.
Im Hotel angekommen liegt man dann so im Bett und fragt sich: “Und das ganze morgen noch mal…???” 😉
In diesem Sinne gehts hier morgen weiter!
January 17th, 2011 at 7:33 pm
[…] […]
January 17th, 2011 at 7:53 pm
Ich find’s großrtig. Sowohl das Event an sich, als auch die Art und Weise der Niederschrift.
Ich möchte bitte auf die Liste für 2011/12 ;-))
January 17th, 2011 at 10:15 pm
Unsere Verkleidung ist nicht vollständig beschrieben. Du hast den wichtigen Knoten für das Tuch vergessen 😉
Das Event war einfach der Hammer!! :-))
January 17th, 2011 at 11:53 pm
Jetzt mach mir doch nicht alle Details für meinen Finalbericht kaputt!!! 😉
January 18th, 2011 at 5:20 pm
Klasse Bericht! Freue mich schon auf den vom Finale, da kann ich direkt überprüfen, ob das auch alles so stimmt was Du hier schreibst!
January 18th, 2011 at 9:31 pm
Kann man da überhaupt was sehen?
January 18th, 2011 at 9:38 pm
Ja, durchaus. Man kann natürlich mit normalem Auge nicht erkennen, wo die Pfeile genau im Board stecken, aber über die Screens und die Kameras sieht man das sehr gut.
January 19th, 2011 at 12:45 am
[…] Loftus Road! Queens Park Rangers vs FC Bristol 2:2 Fußball Add comments Montagmorgen in London, keine Jacke, Temperaturen im frostigen Bereich und dann auch noch ein Feiertag in England! Dazu die Aussicht […]
February 24th, 2011 at 2:05 pm
wart ihr eigentlich beim finale?
January 14th, 2013 at 10:36 pm
[…] und davon daheim berichten zu können. Ein Vergnügen was der hehren Gesandtschaft anno 2012 und anno 2011 versagt geblieben […]
July 14th, 2014 at 4:20 pm
Genialer Bericht, die Fotos lassen absolut mitfiebern! Bitte mehr davon.