Livesportfan Blog

Es gibt immer mal so besondere Highlights auf der Reise durch die Stadien dieser Welt und viele davon sind auf ihre eigene Weise beeindruckend, wenige sind außergewöhnlich. Das Erlebnis Celtic Glasgow im Celtic Park gehört für mich eindeutig dazu! – Zumindestens wenn es sich um ein Spiel handelt in dem es um etwas geht und welches nicht zum tristen Alltag der schottischen Liga gehört. Ich habe es selbst noch nicht erlebt, aber ein Spiel gegen Manchester United in der Championsleague hat für die Fans ‘überraschenderweise’ doch eine andere Bedeutung, als der Kick gegen St Mirren, den sie wahrscheinlich noch mit der halben Mannschaft eindeutig gewinnen würden. Dahingehend sind die Kräfte in Schottland doch klar verteilt. Es gibt Celtic und Rangers und den wenig störenden Rest.

Nun ja, wie schon mal vor einigen Wochen erwähnt habe ich es mir also zum Ziel gesetzt nach dem Old Firm Derby im August auch dem Spiel in der Championsleague gegen Manchester United beizuwohnen und mir dafür Tickets besorgt. Darüber war ich schon mal ziemlich glücklich und natürlich freut man sich dann wochenlang auf so einen kurzen Trip!So ganz nach Plan lief es dann aber letztendlich doch nicht…

Das fing schon mal damit an, dass ich es nicht geschafft habe irgend einen meiner Freunde und fußballbegeisterten Bekannten davon zu überzeugen mit mir die Reise zu machen. Nun ist nicht jeder so durch wie ich und findet Gefallen daran auf einen Mittwoch am frühen Morgen im November nach Glasgow zu fliegen, um ein Fußballspiel zu schauen, bei dem noch nicht mal eine deutsche Mannschaft teilnimmt. Lustig in diesem Zusammenhang war die Reaktion meines Chefs. Er hat mich gefragt, wer denn da spielen würde und als ich ihm die Teams genannt hatte, schaute er mich doch etwas sehr fragend an… Als wenn er noch auf die Nennung des dritten Teams warten würde. 😉 Mir lag schon so halb auf der Zunge zu sagen, dass Fußball auch im schottischen Hochland nur mit 2 Teams gespielt wird, hab mir das aber dann doch verkneifen können.

Ok, keine Freunde am Start dann wende ich mich doch am besten direkt an die Verrückten aus dem Tooor-Forum und versuche da mein zweites Ticket weiterzugeben. Ich war mir eigentlich sehr sicher, dass sich dort jemand finden würde, der sich a) über die Karte freuen würde und b) verrückt genug wäre spontan einen Flug nach Glasgow zu buchen. – Nun auch das war eine echte Fehleinschätzung meinerseits. Da war ich dann doch wirklich sehr irritiert, denn aus meiner Sicht war das eigentlich eine durchaus wertvolle Karte. Nun ja dazu später mehr.

Hab ich mich also alleine auf den Weg gemacht und bin morgens um 6:00 in Hamburg in den Bus geklettert, der mich dann zur Ryanair-Haltestelle nach Lübeck geschaukelt hat. Das lief soweit auch zunächst alles ganz gut. Nach Zwischenstop in London war ich pünktlich mittags in Glasgow und dann auch relativ fix in der Stadt. Ich hatte mir ein Hostel im Zentrum gebucht und hielt es für einen guten Plan dort erst mal einzuchecken. Ich war zwar alleine in Glasgow, aber durch das Forum ist man glücklicherweise selten allein in einer Stadt in der ein sportliches Highlight stattfindet. 😉 Das ist wirklich ganz toll, weil man sich auch im Ausland immer mit Leuten treffen kann, denen man schon mal begegnet ist. In diesem Fall war ich mit Rob und Fürst verabredet. Auf dem Weg ins Hostel ist mir dann wie zufällig der Celtic Fanshop begegnet… Eigentlich ist das gemein und da ich mich kenne sollte ich diese Läden immer ignorieren. Leider klappt das aber bei mir nur höchst selten und plötzlich hatte ich also diese grüne Tüte mit dem Celtic-Logo in der Hand!

Im Hostel endete dann meine erste gute Phase aber leider relativ abrupt. Die nette Schottin hinter dem Desk klärte mich lächelnderweise über das Verschwinden meiner Buchung bzw. meines Zimmer auf und hatte keine besser Lösung parat, als den berüchtigten 8-Personen-Männer-Dorm. Ich bin da eigentlich nicht sonderlich wählerisch und ich bin oft und gerne in Hostels, aber ich muss gestehen, dass ich aus dem Dorm-Alter doch ein bisschen raus bin. Meine Begeisterung mit 7 Typen in einem engen Zimmer zu übernachten hielt sich in dem Moment schon sehr in Grenzen…

Wie es dann aber so kommt wurde es ganz lustig, denn als ich auf dem Zimmer so meine paar wenigen Sachen am auspacken war, hab ich Ewen getroffen. Ewen ist von den Shetlands, arbeitet als Investmentbanker in London und war auch extra zum Spiel angereist. Wir haben uns sehr nett über alles mögliche unterhalten und dann spontan entschieden gemeinsam in den Pub zu gehen. Gesagt getan. Trikot an und los gehts. – Leider ist es aber in Glasgow vor wichtigen, großen Spielen so die Regel, dass man in Teamfarben und mit Trikot im Prinzip in keinen Pub mehr in der Innenstadt gelassen wird. Die Betreiber haben einfach große Angst (und wahrscheinlich ausführliche Erfahrungen) vor Randalen zweier Fangruppen in ihrem Laden und erschweren so die Rudelbildung. Ewen wollte mir einen Pub zeigen, der im Gebäude einer ehemaligen Bank beheimatet ist, aber im ersten Anlauf wurden wir von der Türsteherin abgewiesen. Ok, zur Hintertür, aber auch da kein Erfolg. Ok ein letzter Versuch: Jacke bis zum Hals schliessen, Schal um die Hüfte, auf den Moment warten an dem die Türsteherin mit einem anderen Fan beschäftigt ist und dann waren wir endlich drin. Im Pub: Alles voller Manchester United Fans im Trikot! Also das Prinzip hinter der Maßnahme hat sich mir dann doch nicht so richtig erschlossen…

Ich hab dann irgendwann Rob und Fürst in einem anderen Pub getroffen und irgendwann sind wir Richtung Stadion aufgebrochen. In Glasgow fahren wirklich viele Zuschauer mit dem Taxi zum Stadion und das war auch unser Plan. Bedauerlicherweise hat es doch relativ lang gedauert bis wir eine Taxe bekommen haben und dann standen wir auch noch schön mitten im Feierabend + Fußballtaxen – Stau und die Uhr tickte munter vor sich hin. Da wird man dann irgendwann ein bisschen nervös, zumal wenn man den Plan hat noch ein überschüssiges Ticket am Stadion zu verkaufen.

Das wurde jedenfalls zeitlich alles total eng und wir waren leider erst sehr spät am Stadion. Ich habe das Ticket dann immerhin noch so quasi im Vorbeigehen an einen Schotten zum OP verkaufen können und einen Menschen damit sehr glücklich gemacht. Nichts wie rein in die Hütte und das Erlebnis aufsaugen!

Na und was soll ich sagen, es war ein ganz tolles Erlebnis! Das lag zum einen an der Paarung, denn die Celtic-Fans hassen Manu fast ebenso wie die Rangers – lustig: Sie beschimpfen sie auch als Rangersfans! Alles was da in der kleinen Ecke steht sind offensichtlich immer und zu jeder Zeit verhasste Rangersfans – und zum anderen lag es am Umstand, dass Celtic sehr früh in Führung geht! Da sind alle Dämme gebrochen und das Stadion hat vibriert. Eine enorme Energie wurde da frei! Celtic ist nicht annähernd auf dem fußballerischen Level wie Manu und daher wäre das Spiel sofort aus gewesen, wenn Manu da in Führung geht. So war es aber die von mir erhoffte hitzige und aufgeladene Partie in der die Fans nach der Führung wie eine Wand hinter Celtic standen. Die Celticfans standen hier vor der Herausforderung in gleichem Maße abwechselnd die United-Anhänger und Christiano Ronaldo zu beschimpfen! – Man kann aber sagen: Es ist ihnen gelungen!

Celtic hat sich dann irgendwie mit Glück und Einsatz in die Halbzeit retten können. Kurz vor Beginn der zweiten Hälfte hat dann das Stadion You’ll never walk alone gesungen und das war wirklich Gänsehaut pur! Ich hab da mal ein Video gemacht… 😉

Ja, ja…. ich muss mir ne bessere Kamera besorgen. Ich kümmere mich darum!

In der zweiten Hälfte haben die Zuschauer Celtic einfach durchgehend mit Gesang angefeuert und die Spieler haben wirklich mit ihren bescheidenen Mitteln gekämpft wie die Löwen! Die haben sich in jeden Schuss, in jedes Tackling mit vollem Körpereinsatz geworfen und konnten die Führung so viel länger behaupten als ich es erwartet hatte. Da hat einfach nur noch Manu gespielt und ich glaube die hatten gefühlte 150 Ecken und 300 Flanken. Celtic hat den Ball nur noch hinten rausgeschlagen und Angriffswelle um Angriffswelle von United überstanden. – Mein Sitznachbar hat sich mit einem wehmütigen Auge an Henrik Larsson erinnert und ich glaube mit einem Spieler dessen Konterstärke hätte Celtic das Spiel entscheiden können. Tja, aber da Herr Larsson nicht mehr da ist, mussten sie es bei der Abwehrschlacht belassen. Nach 70 Minuten war Celtic durch den hohen körperlichen Einsatz mit dem sie die technischen Mängel auszugleichen versucht haben im Prinzip stehend k.o.

Als Manu aber auch in der 80 noch immer kein Tor geschossen hatte, keimte bei uns allen die kleine, leise Hoffnung auf Teil eines historischen Momentes werden zu können. – Hmmm ja und dann klatschte der polnische Internationale den recht ungefährlichen Fernschuss direkt vor die Füße von Giggs ab und es stand plötzlich doc

h noch 1:1. In der 85.!!!! Das war soooo knapp…. Die Fans sind dann zwar zufrieden nach hause gegangen, aber wenn man so knapp vor einer kleinen Sensation steht, dann ist es eben doch wenigstens ein kleines bisschen auch enttäuschend.

Unterm Strich war das aber natürlich völlig verdient (150 ecken usw…..) für Manchester United.

Nach dem Schlusspfiff hat sich das Stadion dann recht schnell geleert und die grün-weiss gestreifte Horde machte sich auf in die Pubs der Umgebung. Die Manu-Fans mussten noch eine Weile im Stadion bleiben, da es sonst nur wieder Ärger gegeben hätte. Faszinierend hierbei: Stadion fast komplett leer, man geht gemütlich aus dem Block und der Manchester Fanblock ist fast eine komplette Kurve weit weg. Das hält aber den gemeinen Celticfan nicht davon ab, kurz vor dem Rausgehen diese “Rangersfans” noch mal auf das allerübelste zu beschimpfen. Auf hundert Meter Entfernung und in einer Intensität…. also fand ich wirklich faszinierend. Unnötig zu erwähnen, dass es natürlich kein United-Fan überhaupt auch nur hören konnte. Wie auch? War ja viel zu weit weg.

Also das sind dann schon Dinge an denen man die Unterschiede in der Rangehensweise an ein Fußballspiel erkennen kann. Umgekehrt mag ich es aber wiederum total, dass das ganze Stadion ein Trikot und einen Schal trägt und wie eine 1 hinter dem eigenen Team steht. Entweder du bist für Celtic (3,5 Tribünen) oder dagegen (eine kleine Ecke), aber dazwischen gibt es nichts und das macht natürlich auch irgendwie die ganz tolle Atmosphäre aus!

Ich kann es jedenfalls nur jedem wärmstens ans Herz legen und als ich so in dem quietschenden, zu kurzen und etwas abgenutzten Bett in meinem 8-Kerle-Dorm im Hostel lag dachte ich mir:

Was für ein geiler Tag once again!!