Livesportfan Blog

Back at White Hart Lane! Nach dem letzten London Wochenende im Januar war ich mir doch sehr sicher das in sehr naher Zukunft zu wiederholen, da es einfach eine gute Zeit war. Ich mag den englischen Fußball schon sehr lange und bin viele Jahre Fan der Reds aus Liverpool, aber live vor Ort ist halt doch noch mal eine eigene Qualität. Ich sag ganz ehrlich: Das hat so einen kleinen Suchtfaktor.

Ich also zurück in Hamburg und erst mal die Nase in den Spielplan der Premierleague gesteckt. Ich wollte unbedingt wieder zu den Spurs nach Tottenham, weil mich die ganze Atmosphäre an der White Hart Lane so beeindruckt hatte. Also Premierleague Seite auf und mal ein bisschen geblättert, immer ein Auge auf Tottenham, das andere auf die weiteren Partien des Spieltages, vor allem natürlich auf meinen Klub, die Reds.  Als ich so in den März blätterte lachte mich doch schnell das letzte Wochenende an. Londoner Stadtderby Tottenham Hotspur – Chelsea London! Dazu Fulham – Manchester United und Liverpool – Aston Villa. Also daraus muss sich doch ein guter Trip basteln lassen! Problem in England ist allerdings, dass die Spieltage immer erst sehr kurzfristig final terminiert werden. – Leider haben die Engländer auch ne andere Definition von final, denn es kann einem dann immer noch ultrakurzfristig passieren, dass die Spielansetzungen verschoben werden. Das ist toll, wenn man schon Flüge gebucht hat und noch toller, wenn plötzlich 2 Spiele für die man sich Karten besorgt hat zur gleichen Zeit stattfinden… Ist ein kleines bisschen gamble, denn natürlich bekommt man die wirklich günstigen Flüge nur mit gewissem Vorlauf.

Als nächstes hab ich meine Kollegen Bernd und Niklas von der kulturellen Bedeutung dieses Trips begeistern können und somit stand schon mal der grobe Plan.

Flug war auch unproblematisch, da man von Hamburg sehr gut mit Ryanair nach London fliegen kann. Das war einer dieser 10 Pfund hin und zurück Flüge wo die Kreditkartengebühr höher ist als der Preis des Einzelfluges. – Wir leben echt in einer verrückten Welt! Das hatten wir also schnell erfolgreich geklärt. Blieb also die Frage nach den Tickets. Die ewig spannende und wichtige Frage: Wie kommen wir da rein??

Das Spiel Tottenham Hotspur – Chelsea London war natürlich gesetzt, aber mein persönliches Ziel war dann vor allem: Anfield Road, Liverpool gegen Villa! Ich war vor ca. 15 Jahren, Anfang der 90er schon mal an der Anfield Road und das ist einfach das Mekka des Fußballs. – Wenn man nicht gerade Fan von Man United ist, versteht sich. 😉

Nun ist Liverpool aber leider extrem schwierig was die Ticketsituation angeht, da das Stadion nicht sehr groß ist, dafür die Fanbasis aber um so größer. Ich bin Mitglied bei Liverpool, was einem aber noch lange keine Tickets garantiert. Es war klar: Das wird sauschwer! Gerade für mehr als eine Person, aber die ganze Ticketjagd ist ja irgendwie auch immer eine Herausforderung (Wenn es keine Herausforderung wäre, hätte ich wohl jetzt auch keine U2 Tickets, wenn ich so drüber nachdenke…).

Bei dem Spiel Tottenham – Chelsea war ich da schon deutlich selbstbewusster, da ich bei beiden Vereinen einen ganz guten Zugriff habe. Da war es eher die Herausforderung, dass ich gerne 3 zusammenhängende Plätze haben wollte, was bei den ganzen Restriktionen unter denen heutzutage Tickets vergeben werden leider überhaupt keine Selbstverständlichkeit ist.

Ok, also zuerst mal das Tottenham Ticket Problem angehen! Wie immer ist es vor allem wichtig die Deadlines zu kennen. Da sind die englischen Clubs aber glücklicherweise sehr transparent, so dass man eigentlich genau weiss wann die Tickets in den Verkauf gehen. Bei Tottenham braucht man für die erste Vorverkaufsphase Mitgliedsnummern, ich also für 3 zusammenhängende Plätze gleich 3. Zwei hatte ich sicher und bei der dritten hatte ich Glück, dass mich ein User aus dem Tooor-Forum unterstützt hat. Ich konnte seine Nummer benutzen und im Gegenzug darf er dann in der Zukunft auch gerne mal meine Mitgliedschaft verwenden. Es ist geben und nehmen, dafür liebe ich dieses Forum auch so.

Ich hab es also geschafft die 3 Plätze für die White Hart Lane zu organisieren. Schön direkt neben dem Fanblock der Chelsea Fans, damit wir auch die entsprechende Atmosphäre haben.

Über den Liverpool Teil schreibe ich dann im zweiten Teil der Geschichte, was schon mal bedeutet, dass es einen zweiten Teil gibt.

Nach all den Vorbereitungen ging es dann irgendwann auch endlich los. Auf diese Trips freue ich mich ja echt schon wochenlang vorher. Wir sind also am Samstag aufgebrochen, nach Lübeck gefahren und in den Ryanair-Bus eingestiegen. In London angekommen ging es erst mal direkt zum Hostel. Ich hatte die Palmers Lodge im Nordwesten von London gewählt. Ich bin insgesamt sehr gerne in Hostels und da ich viel reise war ich auch schon in einigen in den verschiedenen Ländern. Neben günstig finde ich es persönlich auch immer ziemlich wichtig in einem netten Hostel zu sein. Die Palmers Lodge ist mit Abstand das beste Hostel in London in dem ich bisher war! Ich würde sogar sagen, dass ich weltweit noch nicht in vielen besseren, netteren Hostels war. Das war also schon mal eine glatte 1. Wer also mal ein nettes Hostel in London sucht, das hier ist eine Empfehlung!

Wir haben dann die Tube zur Liverpool Street genommen und sind von dort mit der Bahn raus nach Tottenham gefahren. Die ganze Bahn voller Spurs Fans und da stellt man dann schon mal den ersten Unterschied zum deutschen Fußball fest: Es gibt keine proletigen Aktionen in der Bahn. Kein Gehüpfe, keine Grölerei, keine Pöbeleien. Finde ich angenehm.

Aus der Bahn raus in den Stadtteil, erst mal die Atmosphäre aufsaugen! Das Schöne in England ist ja vor allem die enge Verbindung der Vereine mit den Stadtteilen. Die Stadien sind mitten in den Wohngebieten, alles findet auf den Straßen statt, Pubs an jeder Ecke und vor allem eine andere Einstellung: Let it flow! Da wird nicht der ganze Stadtteil abgesperrt, weil da ein Fußballspiel ist! Da gibt es keinen Park and Ride! Von der Bahn gehst du gefälligst zur Fuß und wenn du nicht zur Fuß gehen willst, nimmst du bitte den Linienbus, der sich durch den Verkehr quält. Wie in vielen anderen Bereichen auch, ist es aus meiner Sicht insgesamt weniger Event und mehr Teil des alltäglichen Lebens. Der Engländer geht ja auch nicht zum Fußball um unterhalten zu werden oder Spaß zu haben. Nein, nein… Der geht dahin, weil Samstag ist…! Fußball ist nicht Spaß, Fußball ist da eine ernste Angelegenheit. Wenn man essen, trinken, quatschen will, geht man in den Pub, wenn man Spaß haben will geht man auch in den Pub. Ein großer Unterschied zur deutschen Interpretation. 😉

Man hat aber doch gemerkt: Es ist ein Stadtderby. Auf den Straßen war mehr los und ein bisschen mehr Polizei war auch zu sehen. Die standen dann vor der Herausforderung: Wie bekommen wir die Fans von Chelsea London in den Block, wenn der Eingang zum Heimblock daneben ist und alle über die gleiche enge Straße dorthin gelangen müssen? Ganz einfach: Man setzt diese großen Polizeipferde als trennendes Element ein! Also diese Viecher sind echt riesig! Seit letztem Wochenende bin ich felsenfest davon überzeugt, dass es keine Pferde, sondern Dinosaurier mit Haaren sind! Komplette Mutationen, Pferde können einfach von der Natur nicht so groß angedacht worden sein. Ich sag euch, da geht man dann auch direkt zur Seite wenn so ein Brontosaurus Gaul auf einen zukommt. Teilweise kann man auch unter diesen Urviechern durchgehen ohne sich bücken zu müssen!

Das Spiel ging durch diese Verzögerungen auch gleich mal eine halbe Stunde verspätet los. Interessanterweise füllen sich die Stadien dann aber doch sehr schnell, obwohl es nur wenige, sehr schmale Eingänge gibt. Ein Grund dafür dürfte sein, dass sie komplett darauf verzichten Zuschauer abzutasten. 😉 Innen drin war es dann echt sehr gut. Die Stimmung war wirklich großartig und noch deutlich besser als gegen Portsmouth. Es war sehr laut, tolle, sehr kreative Gesänge, einfach eine Weltklasse Atmosphäre!Die Chelsea Supporter sangen was von ‘3 point Lane’ und ‘we won 6-1 at the lane’ und die Supporter der Spurs antworteten entsprechend. Come on you Spurs! Die Spurs haben das dann auch aufgegriffen und versucht alles zu geben. Chelsea ist objektiv betrachtet zwar die individuell stärkere Mannschaft, aber mit Einsatz und Willen kann man ja im Sport vieles ausgleichen.

Das war dann auch das Konzept von Tottenham Hotspur: Um jeden Meter Gras fighten! Wenn ich alleine sehe mit welcher Laufleistung die Stürmer, allen voran Robbie Keane forchecken und Druck ausüben, dann ist das schon stark! Das ist übrigens ein weiterer Unterschied zur Bundesliga: Die Leute erwarten gar nicht mehr. Wenn sich die eigene Truppe reinknallt bekommen die Spieler Applaus und die Zuschauer verzeihen auch viel mehr Fehler bevor sie pfeiffen, wenn sie überhaupt mal pfeiffen. Das kommt nahezu nie vor, ich habe es jedenfalls noch nicht erlebt, dass die eigene Mannschaft Pfiffe geerntet hätte. In England ist ein gewonnener Zweikampf vom Wert fast wie ein gelungener Torschuss.

Überhaupt ist das Spiel schneller und auch wenn das keiner der Verantwortlichen in der Bundesliga hören möchte, ist das leider ein Fakt. Die Teams schalten viel schneller um, wenn sie in Ballbesitz gelangen und die Torleute leiten direkt neue Angriffe ein. Die Schiedsrichter tragen dann auch ihren Teil dazu bei indem sie sehr viel laufen lassen und der Spielfluss dadurch wirklich sichtbar höher ist. Es liegt aber auch an den Spielern, denn es gibt weniger Fouls, weniger Tacklings und vor allem weniger schwere Fouls, so dass der Schiri dann auch die Kleinigkeiten laufen lassen kann. – Ich glaube es gibt im englischen auch überhaupt keine Übersetzung für ‘aufgestützt’. 😉 Ich behaupte die wissen echt gar nicht was das ist und können es dann natürlich auch nicht pfeiffen. 😉

Als die Spurs dann auch noch das 1:0 erzielten ging es auf den Rängen richtig los. Da haben sie es die Chelsea Fans natürlich auch direkt ein bisschen spüren lassen, wer hier der Aussenseiter ist, wer hier aber auch das Heimspiel hat. ‘When the spurs go marching in’ ist jedenfalls z.B. recht beeindruckend.

Kurzes Video:

In den letzten 20 Minuten drängt Chelsea dann schon stark auf den Ausgleich und hat auch Chancen, aber der Goalie von Tottenham, Gomes, hat wirklich ein paar unglaubliche Bälle gehalten. Capitano war mal wieder relativ unsichtbar oder er stand sich mit Lampard auf den Füßen rum, aber dennoch hatte Chelsea dann schon zahlreiche Chancen. Letztendlich haben sich die Spurs mit Glück, Latte, Pfosten und ganz viel Einsatz aber doch über die Zeit gerettet. Es hat also gereicht, 1:0 gewonnen!!!

Großer Jubel, großer Sieg, aber wer dann Ehrenrunden oder Zuschauer-Choreos erwartet wird sich doch überrascht umschauen. Ich glaube es findet so eine Art Wettrennen zwischen den Spielern und den Zuschauern statt: Wer zuerst im Pub angekommen ist hat gewonnen! Da gilt es natürlich keine Zeit zu verlieren, also stürmen die einen in die Kabine und die anderen aus dem Stadion.

Wir hatten es nicht ganz so eilig. 😉 Alles noch ein bisschen wirken lassen, ein paar Bilder gemacht und dann langsam die White Hart Lane verlassen. Neben dem Stadion noch ein Shirt zum günstigen Kurs erstanden und da man sich nach Spielschluss in Tottenham keine Mühe geben muss zur Bahn zu kommen, da man dort sowieso in einer Riesenschlange steht, kann man auch direkt in den Pub um die Ecke gehen! Perfekter Plan, gleich mal in die Tat umgesetzt und mit Blick auf das Stadion noch ein paar Pints getrunken.

Abends in der Innenstadt wieder angekommen waren wir uns einig: ein großartiger Auftakt! Vor dem Hintergrund der sehr überraschenden Niederlage von Man United in Fulham, habe ich mich auch um so mehr auf den nächsten Tag gefreut! Anfield Road, Liverpool. Reds gegen Villa! Chelsea verloren, United verloren, was für eine Chance den Vorsprung zu verkürzen! Der Tisch war also perfekt gedeckt für das Hauptgericht!

Zweiter Teil folgt, nicht verpassen. It was a cracker!