Endspiel? Wie jetzt Endspiel? Pokal war doch erst ein paar Tage später (ich gebe mir nach wie vor größte Mühe das Ergebnis zu verdrängen…) und Bremen ist doch ausserdem gar nicht mehr in der Champions League? Nun, für mich hatte der zweite Teil des Nord-Süd Schlagers jedenfalls den Charakter eines Finals, weil Bayern München bei einer Niederlage in Bremen und einem gleichzeitigen Heimsieg des HSV gegen Wolfsburg 7 Punkte hinter Hamburg gewesen wäre, was bei der momentanen Leistungsstärke der Truppe im Kampf um die Meisterschaft nur noch sehr schwer aufzuholen gewesen wäre. Beides war ja zudem nicht gerade ein Ding der Unmöglichkeit, wenn man einerseits mal bedenkt, wie Bayern München in den letzten Jahren in Bremen abgeschnitten hat und andererseits wie durchaus heimstark der HSV normalerweise ist.
Bayern ist alles andere als optimal in die Rückrunde gestartet. Hat der Auftaktsieg im Pokal in Stuttgart noch Lust auf mehr gemacht, so ist dann danach bei den Fans doch recht schnell Ernüchterung eingekehrt. Bayern hat 3 der ersten 4 Bundesligaspiele verloren! An so einen Start bzw. so eine Serie kann ich mich persönlich überhaupt nicht mehr erinnern und dementsprechend nervös und angespannt war ich vor dem Duell mit dem Erzfeind von der Weser.
Eigentlich wollte ich überhaupt nicht nach Bremen fahren. – In diesem Fall entspricht das sogar mal der Wahrheit, denn an Spiele in Bremen hab ich echt nur negative Erinnerungen. Wie es das Schicksal so will habe ich dann natürlich auch den legendären Kantersieg im letzten Jahr verpasst, was für mich endgültig ein eindeutiges Zeichen war, Bremen einfach in der Zukunft zu meiden. Ich hatte mich also auch gar nicht erst groß um ein Ticket bemüht. – Kein Wunder eigentlich, wenn ich mal an meinen “grandiosen” Tag beim Hinspiel in München erinnere….
Aufgrund der besonders schwierigen aktuellen Situation und großer Besorgnis um meinen Club, hab ich dann aber 3-4 Tage vor dem Spiel entschieden, sie in Bremen zu unterstützen, no matter what. Ich hatte das Gefühl die Truppe ist in einer Situation in der sie einfach jeden Support benötigt.
Ich habe mich also im Forum ein bisschen umgehört, um noch kurzfristig an ein Ticket zu kommen, was bei einem Spiel wie Werder Bremen – Bayern München naturgemäß kurzfristig relativ schwer wird. Ich hatte aber großes Glück und konnte von Freund Grover aus Bremen noch eine Karte bekommen. Da war ich schon mal sehr happy und hab mich doch glatt trotz aller Anspannung auch ein bisschen auf das Spiel gefreut.
Am Sonntag ging es dann los Richtung Bremen. Mein Plan war mit der Bahn zu fahren, da die komplette A1 von Hamburg nach Bremen eine einzige 100 km lange Baustelle ist und mich diese Mistautobahn schon beim Championsleaguespiel gegen Milan wahnsinnig gemacht hat. Ich hielt es also für eine rasende Idee mit den Gleistreckern aus Frankfurt zu reisen und unschuldig wie ich im Zusammenhang mit der deutschen Bahn so bin, dachte ich ja auch, dass ich am Sonntag alleine im Zug sein müsste und somit eine Sitzplatzreservierung unnötig ist. – Fragt mich bitte nicht warum ich das dachte… Jeder, der regelmäßig Bahn fährt (und alle mit gesundem Menschenverstand!!) wissen natürlich welche Tage bei der Bahn Hauptreisetage sind: Freitag und Sonntag, ist ja irgendwie auch logisch. So war es natürlich auch am letzten Sonntag. Ich komme am Hauptbahnhof an und sehe einen rappelvollen, völlig überbevölkerten Bahnsteig! Super, dachte ich mir so, was ein Welt-Plan, Jörn. Na ja, ich hab mich dann glücklicherweise noch rechtzeitig an meine Plan B Bahnstrategie erinnert: Such auf dem Wagenanzeiger das Bordbistro, gehe nicht über Los, suche nicht drängelnderweise nach einem unreservierten Platz, sondern steig direkt im Bistro ein und setz dich da hin! 😉 Da ist eigentlich immer was frei. Der Plan hat tatsächlich auch gut funktioniert und so war die Fahrt nach Bremen doch noch ganz relaxt.
Dort angekommen direkt in die Straßenbahn und auf den Weg zum Stadion an der Weser gemacht. Bremen hat ja keine U-Bahn (welches Dorf hat schon eine?), aber mit der Straßenbahn kommt man auch gut zum Stadion. – Dachte ich jedenfalls bis die blöde Bahn voller Fußballfans aus beiden Lagern auf freier Strecke einfach völlig unmotiviert den Geist aufgegeben hat! Blöd… Ich bin dann halt zu Fuß und der Nase nach weitergegangen und hab in der Nähe des Stadions noch ein paar andere aus dem Forum auf ein Bier getroffen.
Ich war wirklich sehr angespannt, aber wenn das irgendwann nicht mehr der Fall ist, kann man ja auch gleich Zuhause bleiben! Da ich keine Gästeblockkarte hatte saß ich auch noch schön mitten zwischen den Bremer Fans, was aufgrund der fehlenden Fanfreundschaft zwischen Bayern München und Werder Bremen auch nicht immer unproblematisch sein muss.
Na ja. Das Spiel ging dann auch gleich ganz feurig und mit Tempo los. Beide Mannschaften sind da mit viel Engagement zu Werke gegangen und Bayern hatte in den ersten 15 Minuten 2 wirklich gute Chancen. Ein gutes Fußballspiel, bei dem schon die ersten Minuten Lust auf die letzten gemacht haben. – Es wäre sicher auch weiter hin und hergegangen, wenn in der 20 Minute nicht Naldo mit Not für Rotbremse, äähhh… Rot für Notbremse vom Platz geflogen wäre. Das war schade, weil Bremen daraufhin natürlich sofort reagieren musste und ein Stürmer für den fehlenden Innenverteidiger eingewechselt wurde. Insgesamt spielte Bremen von dem Zeitpunkt an einfach viel defensiver bzw. suchte den Erfolg eher im schnellen Konterspiel.
Bayern München war von da an feldüberlegen, ohne jedoch viele klare Gelegenheiten rausspielen zu können. Ribery war sehr stark auf der linken Seite und gab Clemens Fritz doch das eine oder andere größere Rätsel auf (übersetzt: er ist ihm mit Ball einfach weggelaufen! 😉 ), wurde dabei von seinen Mitspielern aber auch öfters sträflich alleine gelassen. Immer wenn der fallsüchtige Italiener nicht spielt, haben wir vorne Probleme. 0:0 zur Halbzeit, Anspannung.
In der zweiten Hälfte setzte sich eigentlich der Trend aus Halbzeit 1 fort: Bayern feldüberlegen, aber sehr ideenlos, Werder defensiv und mit wenigen schnellen Vorstössen. Vander, als Ersatz für den rosaroten Torwart am Start, hatte dann auch noch ein paar sehr gute Aktionen gegen die Angreifer aus München. Am Ende blieb mir noch fast das Herz stehen, denn Pizarro hatte eine so dermaßen 100% Torchance, den hatte ich echt schon drinnen gesehen und mich innerlich in dem Moment von Herrn Klinsmann verabschiedet. – Warum macht der Peruaner das Ding denn nicht???? 😉
Es ging letztendlich also verdienterweise 0:0 aus und da der HSV doch tatsächlich überraschenderweise parallel daheim gegen Wolfsburg verloren hat, war das sogar noch ein Punktgewinn für Bayern. Insgesamt aber natürlich zu wenig, wenn man 70 Minuten gegen 10 Mann spielt. Ich bin mit gemischten Gefühlen aus dem Stadion, hab das Spiel am Taubenschlag noch schnell mit Grover aufgearbeitet und mich dann wieder in die Bahn nach Hamburg gesetzt.
Unterm Strich bleibt: In Bremen nicht verloren und im Rennen um den Titel weiter vorne dabei. Das wird noch einen spannende Rückrunde!
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