The fields of Anfield Road! FC Liverpool vs Chelsea London 2:0
Fußball, Liverpool FC, Premier League Add comments“All round the Fields of Anfield Road
Where once we watched the King Kenny play (and could he play!)
We had Heighway on the wing
We had dreams and songs to sing
Of the glory round the Fields of Anfield Road”
Sonntag, 16:00 Uhr, englische Premierleague, Chelsea London zu Gast beim FC Liverpool… absolute Gänsehautstimmung!
Ein großes, wichtiges Spiel der Premierleague oder eine eurpäische Nacht im Europapokal an der Anfield Road in Liverpool ist in meinen Augen nach wie vor unübertroffen weit vorne! Ich habe durchaus auch schon das eine oder andere sportliche Highlight live erleben dürfen und ca. 4x so viele noch vor mir, aber das ist ein besonderer Ort für Fußball. In 500 Jahren werden sie das Stadion ausbuddeln und sagen: “Die Tempel sahen damals aber seltsam aus”. 😉
Ich bin da mit Sicherheit nicht objektiv und es gibt bestimmt in vielen Stadien großartige Stimmung, aber für mich ist das die Messlatte. Bestimmt nicht immer im normalen Ligaalltag, aber wirklich immer, wenn es wichtig ist, große Gegner kommen oder es halt gegen the damn United geht!
Das war zwar am Sonntag nicht der Fall (wen die United-Geschichte interessiert, klickt hier…), aber Chelsea hat natürlich auch eine große Mannschaft und was noch viel wichtiger ist: Der FC Liverpool steht momentan mit dem Rücken an der Wand. Finanziell sowieso, aber sportlich inzwischen leider auch. Die finanzielle Situation wird sich mit den neuen Eigentümern jetzt hoffentlich langsam verbessern, aber sportlich war der Start in die Saison ungewohnt bescheiden. Liverpool stand in der Abstiegsregion und war bisher total von der Rolle. Ganz, ganz schwierige Situation. Und dann kommt auch noch Chelsea London! Die haben seit Februar nur 2x verloren und haben gegen Liverpool sowieso eine durchweg gute Bilanz. Man konnte sich also berechtigte Sorgen machen, was unseren Trip an die Anfield Road anging. Es regnet sozusagen in Strömen und dann kommt auch noch ein Gewitter.
Nun ist es aber auch so, dass ich bisher an der Anfield Road noch immer einen Sieg gesehen habe! Auch gegen damn United unter durchaus vergleichbaren Vorzeichen. Ich hatte dementsprechend ein absolut gutes Gefühl! Glaubt mir jetzt sicher keiner mehr, aber es war tatsächlich so. Und natürlich habe ich mich wie doof auf das Spiel gefreut, das ist natürlich auch klar.
Der FC Liverpool ist ticketseitig nicht unbedingt leicht zu realisieren, wenn man nicht gerade total überdrehte Preise zahlen möchte. Da die Preise in England schon im Original sportlich erhöht sind, möchte man das also schon mal nicht. Der FC Liverpool gibt sich nun allerdings große Mühe seine treuen Fans mit Vorteilen zu versehen, ein Verhalten, was ich ausdrücklich begrüße und unterstütze. Wenn also jemand wie ich, der nicht ständig in Liverpool ist, Tickets für ein Highlight haben möchte, hat er erst mal ein Problem. – Ich wäre da übrigens gerne sehr viel regelmäßiger, versteht sich! Nur mal so zum Verständnis: Liverpool verkauft die Tickets gegen Chelsea oder andere Topclubs nur an Mitglieder (was ich natürlich bin) und an auch nur an Mitglieder die mindestens 11 Spiele der Vorsaison besucht haben. In Worten: Elf!! Das ist Wahnsinn oder? Aber irgendwie ist es auch geil konsequent. Wie gesagt: Ich begrüße das, auch wenn es mir große Schwierigkeiten bereitet hat.
Ich verneige mich an dieser Stelle in größtmöglicher Dankbarkeit vor Freund Franz-Josef, dessen Memberships ich am Sonntag benutzen durfte. Und nicht nur das: Die Tickets waren auf the Kop, dieser großen, ehrwürdigen und berühmten Tribüne der Liverpool Fans hinter dem Tor. In der dritten Reihe!!! Nun bin ich echt gerne nah am Spielfeld, vor allem weil das in England meistens halt wirklich sehr dicht am Rasen bedeutet, aber das war schon special. Also großer, großer Dank, ich revanchiere mich irgendwie!
Bernd und ich sind also in fröhlicher Stimmung morgens in London in den Zug geklettert und gen Norden geschaukelt. Ich kann diese Bahnfahrt grundsätzlich empfehlen, denn es ist ein entspannter, mit Glück sogar sehr günstiger Weg nach Liverpool zu kommen. Lustigerweise findet man die deutsche Bahn aber plötzlich gar nicht mehr so schrecklich, wenn mal im Ausland Zug gefahren ist. 😉 Stand zwar Virgin auf dem Zug, aber jungfräulich war die alte Schienenkutsche jetzt irgendwie nicht mehr…
Hat aber gepasst. Zahlreiche Liverpoolfans in der Bahn, eine ganz entspannte Atmosphäre. In Liverpool sind wir dann erst mal ein bisschen in die Stadt gegangen. Die letzten Male war ich eigentlich nur am Stadion und daher beschränkte sich meine Erinnerung an die Innenstadt auf Erlebnisse, die viele Jahre her sind. Ich musste aber doch feststellen: Da hat sich doch einiges in den letzten Jahren verändert! Die Stadt ist echt nett, das macht glatt Spaß. Dazu hatten wir dann glücklicherweise auch noch perfektes Wetter, viel Sonne. Logischerweise sind wir wie von Geisterhand geführt auch direkt im Fanshop gelandet. Ein riesiger Laden mitten in der Innenstadt! Mit zwei kleinen Vorteilen gegenüber dem Fanshop am Stadion: Er ist nicht so leergeräubert und man muss nicht anstehen, um überhaupt erst mal reinzukommen!
Als wir den Haken auf unserer Liste gemacht hatten, sind wir mit der Taxe zur Anfield Road gefahren. Spannend ist wirklich, dass dieses Stadion immer wieder eine neue Perspektive bietet, je nachdem von welcher Seite oder Richtung man sich der Hütte durch den Stadtteil nähert. Ich liebe die Atmosphäre da rund um die Anfield Road wirklich sehr! Da wir zeitlich ja total entspannt unterwegs waren und beide schon mal im Stadion waren, konnten wir uns neben der Atmosphäre also auch noch den Sandon Pub von innen anschauen.
Dann ging es irgendwann rein! This is Anfield! Plätze eingenommen und versucht den Puls wieder auf Normallevel zu bekommen. Das hat natürlich überhaupt nicht geklappt, war aber auch egal.
Die Mannschaften kamen aus den Katakomben, das Stadion stand auf und sang geschlossen You’ll never walk alone. Wen es interessiert:
Was für eine Gänsehaut! Der Song wird ja inzwischen in ziemlich vielen Fußballstadien gesungen. Ich mag das nicht, denn aus meiner Sicht gibt es nur zwei Orte wo dieses Lied hingehört. Das ist der Celtic Park in Glasgow und die Anfield Road in Liverpool. Alle anderen sind einfach nur billige Kopien, simple as that. – Mal ganz abgesehen davon, dass die Fans in diesen Stadien auch das ganze Lied kennen und nicht nur den Refrain.
Es war also angerichtet, das Spiel konnte losgehen! ich hatte vor Anpfiff die große Hoffnung, dass Liverpool mit Dampf rauskommen würde, um Chelsea gleich zu zeigen wer Herr im Haus ist. Glücklicherweise kam es dann genau so! Das war einganz anderes Reds-Team als noch die Wochen vorher. Steven Gerrard hatte endlich wieder diese Leader-Körpersprache, sie waren aggressiv und sind richtig vorne draufgegangen. Von Beginn an war da hohes Tempo angesagt. Aus meiner Sicht hängt das auch mit einem Spieler zusammen, der lange verletzt war, aber für Liverpools Spiel ein total wichtiger Mann ist: Dirk Kuyt. Es ist phänomenal mit welcher Einstellung und Laufbereitschaft Kuyt zu Werke geht. Der arbeitet für die Mannschaft, läuft Räume zu und betreibt ein konstantes Forechecking. Ich kenne keinen Stürmer, der am eigenen Strafraum hart verteidigt, dann 70 Meter dem Befreiungsschlag hinterhersprintet, um den gegnerischen Verteidiger gleich wieder zu attackieren.
Wenn man dann so schön dicht dran ist, sieht man übrigens erst mal so richtig wie unglaublich gut die alle kicken können! Alle! Das hat mich schon beeindruckt, gerade weil man von oben ja manchmal denkt, dass es alles durchaus schneller sein könnte. Nun, den Gedanken hat man unten am Spielfeld jedenfalls dann nicht mehr. Ich bin gerne so dicht am Feld, daran könnte ich mich echt gewöhnen! Man hat zwar weniger Gesamtüberblick, ist aber letztendlich viel intensiver dabei.
Zur sowieso schon ziemlich aufgeheizten Atmosphäre fiel dann im optimalen Moment das 1:0! Liverpools Number 9! Fernando Torres hat sich endlich mal wieder wie ein Mittelstürmer europäischer Klasse verhalten und einen tollen Ball von Kuyt perfekt verwertet.
Ihr könnt mir glauben, danach ging es echt ab auf den Rängen! Wahnsinnsstimmung. Ich glaube der große, große Unterschied zwischen einem englischen Stadion und einem deutschen ist, dass in England das ganze Stadion voll mitgeht, während bei uns dies vor allem aus den Fankurven geschieht. Genau das ist es, was ich an England so mag: Alle sind richtig dabei, das ganze Stadion singt und vor allem ist die ganze Anfeuerung spielbezogen. Sie gehen mit dem Spiel mit, im Gegensatz zu diesem leidigen Ultradauersingsang, der bei uns teilweise herrscht. Wie wenig man das braucht und wie sehr einem das auf den Keks geht, sieht man erst, wenn man das mal mit der Atmosphäre in England vergleicht. Ein Erlebnis!
Also Torres dann kurz vor der Halbzeit auch noch mit einem echten Weltklasseschuss das 2:0 macht, war gar kein Halten mehr da. Special night at Anfield und wir mittendrin!
In der zweiten Hälfte hat Chelsea London dann natürlich schon einen enormen Druck entfacht. Da war viel Zittern angesagt und teilweise hatte die Reds dann auch zur Abwechslung mal wieder das notwendige Glück. Ich glaube wenn Chelsea da früh den Anschlusstreffer macht, kann das Spiel sich auch noch komplett drehen. Die Zuschauer haben die Mannschaft in der zweiten Hälfte wahnsinnig unterstützt. Natürlich wurde es dann irgendwann auch richtig hitzig. John Terry hat sich mit seinen Protesten unbeliebt gemacht, also unbeliebter als er sowieso schon war. – Daraufhin hat das ganze Stadion dann halt abwechselnd lustige Lieder über seine Mutter und seine Affären gesungen. Die Texte gebe ich hier aber mal besser nicht im Detail wieder, denn die kamen doch eher von weit jenseits der berüchtigten Gürtellinie. 😉 Es war insgesamt jedenfalls ziemlich intensiv. Ich hab dazu noch ein Video von einem Eckstoss, was ich von Herzen empfehlen würde:
Letztendlich haben die Reds dann das Spiel mit Glück, Verstand und vor allem ganz viel Einsatz über die Zeit verteidigt bekommen. An der Anfield Road gibt es dann einen Gradmesser für einen wichtigen Sieg, für ein wichtiges Spiel: Das Stadion singt 1-2 Minuten vor Schluss von selbst You will never walk alone. Das passiert nur in besonderen Momenten und Sonntag gegen Chelsea war so einer!
Wir haben das alles sehr genossen und waren ziemlich selig. Gewonnen!! Nach dem Abpfiff (man mag da ja eigentlich nicht gehen) sind wir dann noch in den Pub gegangen und haben das Erlebte in allen Details mit den anderen Fans verarbeitet. Man bekommt ja so ein Grinsen auch nicht so leicht wieder aus dem Gesicht!
The fields of Anfield Road!
November 16th, 2010 at 10:48 am
Mensch Jörn, natürlich – wie immer – klasse Bericht… und ich beneid Dich ein ums andere mal!
Anfield Road muss ich natürlich auch mal noch sehn… is wohl nicht nur atmosphärisch unbeschreiblich, es spielt da zudem ja auch einer der beiden besten Vereine der Stadt. 😉
Hoffe wir laufen uns bald mal wieder über den Weg. Michael